Herr Gedaschko, können wir uns die hohen Anforderungen an die Nachhaltigkeit von Gebäuden noch leisten?
So, wie die Standards seit längerer Zeit gesetzt sind und weiter verschärft werden, etwa mit dem Gebäudeenergiegesetz GEG, wird es schwierig. Gerade die Wohninvestments, die langfristig eine erschwingliche Miete bieten sollen, sind nicht mehr finanzierbar.
Aber es gibt doch Förderungen.
Sicherlich, diese reichen aber bei Weitem nicht aus, um günstige Mieten zu gewährleisten oder aufwendige Bestandssanierungen durchzuführen, wie es das neue Heizungsgesetz fordert. Gebäude müssen so gebaut und betrieben werden können, dass mindestens die Kosten der Instandhaltung, Verwaltung und der erforderlichen Sanierungen abgedeckt sind. Es ist für uns als Investoren im Wohnsegment derzeit nicht möglich, ausreichend Kapital für Rücklagen zu bilden, die man aber für jede Investition benötigt. Förderungen und Zuschüsse können jedenfalls nicht dauerhaft einen ganzen Wirtschaftszweig tragen.
Welche Förderungen machen Sinn und wo sind marktwirtschaftliche Ansätze besser?
Nehmen wir das Beispiel der Niederlande: Hier gibt es beim selbstgenutzten Ersterwerb eine herabgesetzte Grundbuchsteuer, durch die Kaufpreise wie Mieten gesenkt werden. In Deutschland hingegen will man über das Mietrecht niedrigere Mieten erzwingen und beim Neubau tut man durch immer neue Auflagen alles, um die Kosten in die Höhe zu treiben. Eine Steuersenkung würde hier sehr schnell wirken. Die von der Politik befürchteten Mitnahmeeffekte sind in der derzeitigen Baukrise nicht zu erwarten, zumal die Bauunternehmen meist ohnehin nicht wissen, ob ein Projekt mit höheren oder niedrigen Mieten kalkuliert ist.
Welchen Einfluss hat die Vorgaben zum nachhaltigen Bauen auf den Gebäudesektor insgesamt?
Die zunehmende Technik in den Objekten verursacht stetig anwachsende Kosten, sowohl bei der Erstellung wie später im Lebenszyklus der Immobilie. So macht die TGA mehr als ein Drittel der Gesamtkosten aus. Da ihre Lebensdauer wesentlich kürzer ist als die der Gebäudesubstanz, muss der Eigentümer die nachhaltige Technik bereits nach 12-16 Jahren erneuern. Dies lässt sich nur aus der Miete refinanzieren. Und so ist es zurzeit nicht möglich, ausreichend Rücklagen zu bilden.
Welche Probleme treten bei der Finanzierung nachhaltiger Bestandssanierungen auf?
Besonders problematisch ist, dass der Einbau der geforderten Luft-Wärmepumpe das Eigenkapital stark beansprucht. Wenn man bedenkt, dass eine Refinanzierung viele Jahre läuft, bis zu 27 Jahren, dann ist die nachhaltige Gebäudetechnik schon sehr viel früher zu erneuern – mit dem Unterschied, dass es beim zweiten Mal keine Förderung mehr gibt und die Investition zu 100 Prozent vom Bestandshalter selbst getragen werden muss. Auch das ist unwirtschaftlich.
Die Gebäudetechnik wird also zum Refinanzierungsproblem?
Ja, hinzukommt, dass auch der Wartungsaufwand größer ist und die Betriebskosten in die Höhe treibt, während Handwerker für die notwendigen Wartungsarbeiten immer weniger verfügbar sind. Auch hier müssten wir wieder mehr der Prämisse „Keep it simple“ folgen. Das heißt nicht, dass man kein Smart Building realisieren kann.
Wie lassen sich dann solche Smart Buildings umsetzen?
Nachhaltigkeit muss Teil des praktische ‚Doings‘ sein. All das Reporting und die ESG-Auflagen aus Brüssel sind überbordend und für den Nutzer überfordernd – Stichwort ‚vollautomatisierte Belüftung‘ von Wohnhäusern. Das Prozedere muss wieder auf ein normales Maß zurückgeführt werden, der Kosten-Nutzen-Effekt stimmen. Hier ist vor allem eine nutzerunterstützende, robuste und langlebige Smart-Building-Technik sinnvoll. Sie führt zu geringeren Energieverbräuchen und damit geringeren Mietkosten, trägt dabei aber zur Erreichung der Klimaziele bei und ist dennoch vergleichsweise preiswert.
Wie viel Energieeffizienz ist denn im Wohnungsbau sinnvoll?
Das Effizienzhaus 55 ist eine gut realisierbare und auch effektive Bauweise, das Kosten-Nutzenverhältnis in Ordnung. Das Effizienzhaus 40 ist indes weit weniger ökonomisch, ohne viel mehr Nachhaltigkeit zu bieten. Teure, automatisierte Lüftungsanlagen sind einzubauen, die mehr Strom benötigen als im Effizienzhaus 55. Im Ergebnis verbraucht das Gebäude mehr Strom und produziert höhere Kosten, anstatt Einsparungen zu generieren. Die Klimawirkung des Effizienzhauses 40 zu 55 durch geringfügige Energieeinsparung bei Wärme ist somit vernachlässigbar.
Weshalb sieht die Politik die zu hohen Kosten beim neuen Heizungsgesetzes nicht?
Das Wirtschaftsministerium hat die BaFin-Zahlen genutzt, um die Investitionskosten zu ermitteln. Darin waren auch die kombinierten technischen Lösungen berücksichtigt anstelle der ausschließlichen Nutzung einer Grundtechnologie, der Luft-Wärmepumpe. In diesem Fall sieht die Rechnung jedoch ganz anders aus. Immerhin hat das Wirtschaftsministerium inzwischen anerkannt, das die Kosten der so genannten Wärmewende deutlich höher liegen als veranschlagt. Die Förderbedingungen wurden daraufhin verbessert. Die Frage des GdW ist hier allerdings, wie lange es mit den Förderungen gut gehen soll, da das Geld aus dem Klima- und Technologiefonds, dem KTF, genommen werden muss, der bereits jetzt überzeichnet ist.
Was bedeutet das für die Immobilienunternehmen?
Ist die langfristige finanzielle Unterstützung nicht sichergestellt, kann man nicht investieren. Und wenn vielerorts in der Politik Wunsch und Wirklichkeit auseinandergehen, indem man teils bei Stromnetzen die Grenzen der Physik ausblendet und von Unternehmen verlangt, dass sie Transformatoren kaufen und die Anschlusskosten tragen, dann ist das für niemanden eine gute Lösung.
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