Talsohle der Immobilienfinanzierung erreicht?

Der Verband deutscher Pfandbriefbanken (vdp) vermeldet für das zweite Quartal 2023 eine leicht steigende Tendenz bei Kreditvergaben.
Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp) mit einer Einordnung
Jens Tolckmitt
@ vdp
Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp)

Das ist Ergebnis einer Ermittlung unter den Mitgliedsinstituten des vdp, die im zweiten Quartal 23 auf ein verhaltenes, aber leicht zunehmendes Finanzierungsgeschäft bei den Immobilienfinanzierungen zurückblicken.

Dazu ein Beitrag von Jens Tolckmitt, Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (vdp):

Die Talsohle im Immobilienfinanzierungsgeschäft könnte erreicht sein. So hat die Summe aller zugesagten Wohn- und Gewerbeimmobiliendarlehen nun das zweite Quartal in Folge leicht zugenommen: Von April bis Juni dieses Jahres haben unsere Mitglieder Darlehen für Wohn- und Gewerbeimmobilien in Höhe von 28,2 Milliarden Euro zugesagt, ein Rückgang um 38,2 % gegenüber dem Vorjahresquartal (Q2 2022: 45,6 Mrd. Euro). Im Vergleich zum direkten Vorquartal erhöhte sich das Neugeschäft allerdings um 10,2 % (Q1 2023: 25,6 Mrd. Euro).

Der Bestand an ausgereichten Immobilienkrediten erhöhte sich trotz des verhaltenen Neugeschäfts bei den vdp-Mitgliedsinstituten im zweiten Quartal 2023 leicht auf 1.005,1 Milliarden Euro (30.06.2022: 987,2 Mrd. Euro). Dies entspricht einer Zunahme um 1,8 % im Vorjahresvergleich.

Der vor uns liegende Weg der Markterholung wird jedoch von vielen kleinen Schritten geprägt sein und möglicherweise bis 2024 andauern: Investoren und Privatleute benötigen noch Zeit, um sich an das gestiegene Zinsniveau zu gewöhnen. Erst wenn der Transaktionsmarkt wieder richtig anspringt, wird auch das Finanzierungsgeschäft wieder Fahrt aufnehmen können.


Darlehen für Gewerbeimmobilien legten zu, bei Wohnobjekten sanken sie ab

Das Immobilienfinanzierungsneugeschäft der vdp-Mitgliedsinstitute entwickelte sich hinsichtlich der Assetklassen unterschiedlich: Während das Volumen neu vergebener Wohnimmobiliendarlehen auf Quartalssicht um 9,2 % auf 14,8 Milliarden Euro abnahm (Q1 2023: 16,3 Mrd. Euro), erhöhte sich das Neugeschäft in der Gewerbeimmobilienfinanzierung um 44,1 % auf 13,4 Mrd. Euro (Q1 2023: 9,3 Mrd. Euro). Im Vergleich mit dem Vorjahresquartal stehen bei beiden Assetklassen deutliche Rückgänge zu Buche: um 45,8 % bei Wohnimmobilien- und um 26,8 % bei Gewerbeimmobiliendarlehen (Q2 2022: 27,3 bzw. 18,3 Mrd. Euro). Zu berücksichtigen ist hier allerdings, dass im ersten Halbjahr 2022 insbesondere bei Wohnimmobilien ein Rekord-Neugeschäft erzielt worden war, bedingt durch Vorzieheffekte in Erwartung steigender Zinsen.

Von den 14,8 Mrd. Euro, die im zweiten Quartal 2023 an Wohnimmobiliendarlehen zugesagt wurden, entfiel etwas mehr als die Hälfte auf die Finanzierung von Ein- und Zweifamilienhäusern (7,6 Mrd. Euro nach 7,1 Mrd. Euro im ersten Quartal 2023). Auch die Finanzierung von Eigentumswohnungen zog gegenüber dem Anfangsquartal an – von 2,4 auf 2,9 Mrd. Euro – und machte damit rund ein Fünftel der Wohnimmobilienkredite aus. Demgegenüber kam es bei der Finanzierung von Mehrfamilienhäusern (Anteil: 23,0 %) zu einem Rückgang von 5,9 auf 3,4 Mrd. Euro.

Bei den Gewerbeimmobiliendarlehen, die sich im zweiten Quartal dieses Jahres auf 13,4 Mrd. Euro summierten, dominierten mit 7,5 Mrd. Euro bzw. einem Anteil von 56,0 % die Finanzierungen für Bürogebäude. Gegenüber dem Anfangsquartal 2023 nahm das Büroimmobilien-Neugeschäft deutlich zu (Q1 2023: 4,8 Mrd. Euro). Auf Handelsgebäude und Hotels entfielen im Berichtsquartal jeweils Anteile in Höhe von 14,2 bzw. 10,5 %. Dabei wiesen die Finanzierungen für Handelsgebäude gegenüber dem ersten Quartal 2023 ein Minus aus (1,9 nach 2,3 Mrd. Euro), während Hoteldarlehen zunahmen (1,4 nach 0,4 Mrd. Euro).


Fazit Märkte

Wohnimmobilienmarkt weiterhin von Zurückhaltung gekennzeichnet: Die Nachfrage speziell nach Wohnimmobilienfinanzierungen ist weiterhin verhalten. Hier machen sich die investitionshemmende Kombination aus verschlechterten Finanzierungsbedingungen, unklarer Fördersituation und Baukostensteigerungen bemerkbar, die eine große Herausforderung für die Bau- und Immobilienwirtschaft darstellen.

Noch kein klares Bild beim Gewerbeimmobilienmarkt: In der Gewerbeimmobilienfinanzierung zeigt sich im bisherigen Jahresverlauf noch kein klares Bild. Nachdem rund um die Jahreswende ein sehr geringes Neugeschäft zu verzeichnen gewesen ist, sehen wir nun im zweiten Quartal zaghafte positive Signale. Das geht nicht nur aus den vorliegende Darlehensstatistik hervor, sondern zeigt sich auch an den gestiegenen Renditen und Mieten bei Gewerbeimmobilien, nachzulesen in unserer kürzlich erschienenen Veröffentlichung zum vdp-Index.