Der aktuelle Mangel an adäquaten Wohnungen in den Großstädten und ihren Ballungsräumen sollte allerdings nicht dazu führen, das Recht auf eine Wohnung gegen den Markt zu setzen und den Warencharakter von Wohnungen zu verneinen: Wohnen ist nicht nur ein Bedürfnis, sondern auch eine Ware sofern es einen Markt gibt, auf dem Mieter wie Käufer ein hinreichendes Angebot vorfinden, aus dem sie eine für sie passende und bezahlbare Wohnung wählen können. Und es ist nicht zuletzt der Warencharakter von Wohnungen, der eine faire Preisbildung bei Mieten und Kaufpreisen ermöglicht.
Eine solche faire Preisbildung und ein bedarfsgerechtes Angebot haben es in der Bundesrepublik in der jüngeren Vergangenheit mit geographischen und temporären Einschränkungen gegeben. Denn auf der Angebotsseite sorgten Nachfrage und Zahlungsbereitschaft potenzieller Kunden dafür, dass umfangreiche Kapitalströme in den Wohnungsbau flossen und Wohnungen dort gebaut wurden, wo man sie brauchte. Und wo die privaten Entwickler am unteren Ende der Leistbarkeit nicht für den Bedarf bauten, sprang der Staat mit Steuergeld für den Wohnungsbau ein.
Drei Ereignisse haben diesen Mechanismus jüngst aus dem Gleichgewicht gebracht. Das erste ist die Urbanisierung, die angesichts schwindender Perspektiven auf dem Land immer mehr junge Menschen in die Ballungsräume treibt. Das zweite ist der Verkauf kommunaler Wohnungsunternehmen an Finanzinvestoren. Und das dritte ist das große Kapitalangebot und die europäische Nullzinspolitik. Letztere führt bekanntlich dazu, dass sich Wohnungen mit geringem Einsatz finanzieren und in profitable Investments verwandeln lassen. Diese Ereignisse bewirken einen starken Überhang auf der Nachfrageseite sowie steigende Preise, durch die Wohnen für immer mehr Menschen zu einer Existenzfrage wird.
Es zeugt allerdings von einem problematischen Missverständnis der sozialen Marktwirtschaft, dass sich die wohnungspolitischen Maßnahmen in dieser Ausnahmesituation ausschließlich auf den Aspekt der Existenzsicherung bedürftiger Menschen fokussieren und allenfalls der kommunale Wohnungsbau als förderungswürdig erscheint. Denn dadurch werden mehr und mehr Bürger zu Leistungsempfängern einer staatlichen Wohnungsversorgung. Stattdessen sollten wir, auch um das Selbstbewusstsein der Bürger zu stärken, den privaten Wohnungsbau in den Städten angemessen unterstützen, so dass es trotz der immensen Herausforderung wieder ein ausreichendes Warenangebot an Wohnungen gibt. Nicht Versorgung, sondern die Schaffung von Wahl- und Entfaltungsmöglichkeiten muss das Ziel unserer Wohnungspolitik sein.
Der Autor ist Geschäftsführer der PRS Family Trust GmbH.
Zuerst erschienen in Immobilien Zeitung, 2019