Auch die EZB-eigenen-Töpfe, insbesondere die des PEPP-Programms (Pandemic Emergency Purchase Programme), sind noch gut gefüllt; da muss aktuell also nicht nachgebessert werden. Und die Zinsen – wohin sollen sie noch fallen und für was soll das gut sein? Die Minuszins-Politik hat vor Corona weder das Wachstum beschleunigt noch die Inflation nach oben katapultiert.
Kerninflation fällt seit 2018 in den negativen Bereich
Dass die EZB neuerdings grüne Bonds kaufen will und verstärkt mit der Öffentlichkeit diskutiert, erscheint wie Verlegenheits-Aktionismus. Zyniker würden sagen: Wenn man geldpolitisch nichts reißen kann, probiert man sich eben auf anderen Feldern aus. Fakt ist, dass sich die Datenlage in Europa weiter verdüstert – vor allem auf den Feldern, die die EZB mit steuern und beeinflussen soll: Die Kerninflationsrate fällt seit 2018 kontinuierlich und ist inzwischen in den negativen Bereich gerutscht. Die Nachfrage nach Firmenkrediten sinkt und die Banken verschärfen ihre Kreditstandards. Erfolgsmeldungen sehen anders aus.
Trennung von Politik und Notenbankpolitik erforderlich
Aus Mangel an Alternativen macht die EZB das, was sie seit Draghi-Zeiten immer tut: Sie lockert und kündigt weitere Lockerungen an. Doch inzwischen wissen wir: „What ever it takes“ ist keine Lösung mehr. Frau Lagarde versucht, die EZB auf politische Ziele einzuschwören. Doch nicht umsonst hat man gerade in der alten Schule der Bundesbank auf die Trennung von Politikern und Notenbankern stark geachtet. Geldpolitik hat mit dem Tagesgeschäft der Politiker nicht viel zu tun. Es besteht die Gefahr, dass die EZB sich verzettelt und damit stark in die Abhängigkeit der Politik gerät.
So hat die EZB erneut wieder nur Seelen-Massage betrieben, indem sie Wachsamkeit und die Bereitschaft zum Nachlegen signalisiert hat. In Wirklichkeit weiß Christine Lagarde nach genau einem Jahr Amtszeit geldpolitisch nicht mehr weiter. Aktuell scheint ihre wichtigste Aufgabe darin zu bestehen, den Kontrollverlust und die Ohnmacht der EZB zu verwalten. Und das macht sie sehr gut. Allerdings muss man ihr zugutehalten, dass viele andere Notenbanken aktuell auch nichts anderes tun.
Was sind die Konsequenzen für einen Immobilienkredit?
Die steigende Wahrscheinlichkeit, dass ein Impfstoff im Frühjahr 2021 zur Verfügung steht, hat das Denken an den Börsen verändert. Dort wird die Zukunft gehandelt, also eine Welt, die die Coronakrise überwunden hat. Die Realität ist allerdings eine andere. So können auch die Notenbanken den Hebel nicht jetzt schon umlegen, sie brauchen solide und nachhaltige Ergebnisse, die noch lange nicht vorliegen werden. Deshalb wird sich an der generellen Ausrichtung der Geldpolitik erst einmal nichts ändern. Die Kreditzinsen werden niedrig bleiben. Sie könnten aber inzwischen ihren Tiefpunkt gesehen haben. Wer also den allergünstigsten Konditionen nachjagt, der sollte sich vermutlich allmählich sputen. Für alle anderen gilt: Es ist davon auszugehen, dass die Zinsen auch weiter sehr niedrig bleiben. Auch unter dieser, seit der Pfizer- bzw. Biontech-Bekanntgabe leicht geänderten Prämisse wird die Nachfrage nach Immobilien hoch bleiben. Denn die Alternativen, also insbesondere Rentenwerte, tun sich schwer, überhaupt einen positiven Ertrag zu erwirtschaften und auch die Rendite von den als vergleichsweise sicher geltenden offenen Immobilienfonds schmilzt. Mehr als 1,5 bis 2,0 Prozent p.a. sollten nicht erwartet werden. So sinken die Opportunitätskosten oder bleiben unverändert niedrig, während die Immobilienpreise weiter steigen. Das macht die eigene Immobilie attraktiv. Mit einer Gegenbewegung bei den Immobilienpreisen sollte erst bei steigenden Zinsen wieder gerechnet werden. Wann das sein wird, fällt derzeit schwer zu prognostizieren. Aber bis eine Umschuldung ansteht, können 10 bis 15 Jahre vergehen. Vorsichtige Investoren wählen daher lange Kreditlaufzeiten und rechnen den Fall durch, dass vielleicht nach 15 Jahren bei einer dann anstehenden Umschuldung der Zins doppelt bis dreimal so hoch ist wie heute.