„TegulaVillen“, Heidelberg-Neuenheim

Auf einem Erbbaurechtsgrundstück der Evangelischen Kirche entstanden im Heidelberger Stadtteil Neuenheim neun hochwertige Eigentumswohnungen. Angelehnt an die Architektur der Gründerzeit, die sich durch die Verwendung von Naturstein und auffälligen Dachkonstruktionen auszeichnet, übersetzten die Architekten den charakteristischen Stil des gefragten Stadtviertels innovativ ins 21. Jahrhundert. Die freistehenden TegulaVillen fügen sich durch ihre außergewöhnliche rotbraune Verkleidung aus individuell handgefertigten Ziegeln und den um 69° geneigten Dächern gekonnt in ihre Nachbarschaft ein – und lassen so den Gründerzeitgeist des 19. Jahrhunderts in einer modernen Weiterentwicklung selbstbewusst aufleben.

Interview zum Projekt: Das Erbbaurecht in der Praxis

Als EPPLE die erste Projektentwicklung auf einem Erbbaurechtsgrundstück anging, wurde noch mit DM bezahlt. Über 20 Jahre sind seitdem vergangen. Zahlreiche Projekte später kann der Heidelberger Projektentwickler und Bauträger nun auf einen großen Erfahrungsschatz in der Planung, Entwicklung und dem Verkauf von Erbbau-Projekten zurückgreifen.
Thomas Kirsch
© EPPLE GmbH, Heidelberg
Thomas Kirsch, Geschäftsführer EPPLE GmbH

Thomas Kirsch, Geschäftsführer der EPPLE GmbH, und Profi in Sachen Erbbaurecht berichtet von seinen Erfahrungen im Umgang mit dem besonderen Rechtsmodell.

Sie haben bereits verschiedene Projekte im Erbbaurecht realisiert. Was waren das für Projekte?

Grundsätzlich lässt sich das Erbbaurecht mit jedem Immobilienvorhaben umsetzen. Wir realisieren vorwiegend Reihenhausprojekte, aber auch Mehrfamilienhäuser wie das Projekt „cubus“, mit dem wir 50 Eigentumswohnungen auf einem Altklinikum-Gelände geschaffen haben und das mit dem Deutschen Bauherrenpreis prämiert wurde. Oder die „Marsilius-Arkaden“ auf dem Universitätscampus im Technologiezentrum des Neuenheimer Felds, ein Wohn- und Geschäftsgebäude sowie Veranstaltungslocation und Gästehaus. Aktuell errichten wir zum Beispiel in Mainz-Bretzenheim 20 Reihenhäuser für junge Familien und ein Mehrfamilienhaus mit 20 Eigentumswohnungen im schwäbischen Markgröningen – unweit unserer zweiten Heimat Stuttgart. Wie Sie sehen, die Projektentwicklungen im Erbbaumodell sind vielseitiger Natur – und können weit über den Reihenhausbau hinausgehen.

Wie sind Sie auf das Thema Erbbaurecht gestoßen?

Das war bereits im Rahmen meiner Ausbildung: Als langjähriger Mitarbeiter im Bau- und Grundbuchamt meiner Heimatgemeinde sind Berührungsängste erst gar nicht aufgekommen. Oftmals kaufen wir Grundstücke, in denen wir Potenzial sehen, auf „normalem Wege“ – und erst im Laufe des Entwicklungsprozesses wird klar, dass es sinnvoll sein kann, den Grund und Boden in Erbbaurechte umzuwandeln. In Heppenheim beispielsweise, wo wir auf einem ehemaligen Gärtnereigrundstück Reihenhäuser geplant haben, hat sich kurz vor dem Ankauf herausgestellt, dass der betagte Eigentümer aufgrund seiner geringen Rente auf den Verkaufserlös angewiesen war. Zu Beginn der Finanzkrise fühlte er sich allerdings nicht sehr wohl damit, das gesamte Grundstück zu veräußern. Hier brachten wir das Erbbaurecht ins Spiel und er behielt knapp die Hälfte der Grundstücke. Durch die Erbbaurechte hat er nun eine sichere Einnahmequelle. Dass man in solchen Situationen individuell agieren und eine optimale Lösung für Käufer und Verkäufer kreieren kann, empfinde ich als besonders wertvoll.

Und wie gelangen Sie in der Regel an die Grundstücke?

Wir arbeiten schon seit mehreren Jahrzehnten beispielsweise mit kirchlichen Institutionen zusammen. Mit der Zeit – und durch eine Vielzahl gemeinsam erfolgreich abgeschlossener Projekte – wächst natürlich das Vertrauen ineinander. Dadurch sind wir als Partner gefragt – und selbstverständlich immer gerne für neue Gemeinschaftsprojekte offen.

Was war zu beachten, womit Sie anfangs vielleicht nicht gerechnet haben?

Die Vertragsgestaltung im Rahmen der Projektentwicklung darf nicht unterschätzt werden. Ein Erbbaurechtsvertrag ist im Vergleich zu einem herkömmlichen Grundstückskaufvertrag deutlich komplizierter. Angefangen bei der Laufzeit, über den prozentualen Erbbauzins bis hin zur Ausübung des Heimfallrechts… Das braucht Zeit. Kann man dabei auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückgreifen, erweist sich das sicherlich als großer Vorteil. Das ist nicht nur für den Projektentwickler wichtig, sondern ebenso für den Erbbaurechtsgeber.

Sie haben nach der ersten Erfahrung entschieden, diese Art der Grundstücksbeschaffung weiterzuverfolgen.

Ja, denn für uns liegt es auf der Hand, dass vom Erbbaurecht alle profitieren. Allen voran aufgrund der langfristigen Sicherheit. Erbbaurechtsgeber wie Stiftungen, Investoren oder auch private Grundstücksbesitzer, erhalten dadurch nachhaltig kalkulierbare Einnahmen. Gerade Stiftungen verwenden diese oftmals für ihre gemeinnützigen Zwecke im sozialen oder kulturellen Bereich. Die Kommunen und Kirchen behalten als Erbbaurechtsgeber ihre Gestaltungsmöglichkeiten über Jahrhunderte hinweg und können so langfristig sichere Erträge aus Grund und Boden erwirtschaften.

Und was bedeutet das Erbbaurecht für den Nutzer?

Immobiliennutzer haben, da sie das Grundstück nicht zu erwerben brauchen, eine geringere Anfangsverschuldung; durch das verringerte Finanzierungsvolumen können sich für den Darlehensnehmer die Zinskonditionen bei der finanzierenden Bank verbessern. Noch wichtiger ist, dass sie so weniger Eigenkapital benötigen. Besonders für junge Familien ist das attraktiv – und oftmals eine einmalige Chance, den Traum vom Eigenheim wahrwerden zu lassen. Darüber hinaus kommen vor allem kirchliche Erbbaurechtgeber den jungen Familien mit Kindern häufig entgegen: Pro Nachwuchs, der mit in das neue Zuhause einzieht, kann ein prozentualer Nachlass auf den Erbbauzins gewährt werden. Ein weiterer Pluspunkt auf der langen Liste!

Suchen Sie inzwischen gezielt nach solchen Grundstücken?

Definitiv, ja! Wir sind überzeugt, dass das Erbbaurechtsmodell Zukunft hat – aus Sicht des Erbbaurechtgebers wie auch des Erbbaurechtnehmers. Daher bieten wir Grundstückseigentümern, die noch nicht in der Thematik bewandert sind, immer gerne an, im gemeinsamen Gespräch vorzufühlen, ob das Modell für sie in Frage kommt. Eine sorgfältige Beratung an der Seite eines erfahrenen Projektentwicklers kann ich nur jedem Grundstückseigentümer raten, der darüber nachdenkt, Erbbaurechte zu vergeben. Es muss immer das Ziel sein, gemeinsam eine ideale Lösung zu finden.

Was ist bei der Umsetzung mit Erbbaurecht zu beachten?

Aus unserer Erfahrung heraus können wir sagen, dass sich der Verkauf an Eigennutzer durch das Erbbaurecht – im Vergleich zu einer klassischen Projektentwicklung, bei der das Eigentum samt Grundstück verkauft wird – verlangsamt. Das sollte Bauträgern in jedem Falle bewusst sein. Die Beratung durch den Vertriebsmitarbeiter nimmt deutlich mehr Zeit in Anspruch und bedarf oftmals sehr sensibler Unterstützung. Für Städte und Gemeinden, Kirchen oder auch Stiftungen liegen die Vorteile jedoch auf der Hand. Wir finden es bedauerlich, dass sich die Haushaltspolitiker der Kommunen vor einigen Jahren mit dem Verkauf von Grundstücken, dem Tafelsilber der Kommunen, so sehr haben durchsetzen können.

Welche Probleme tauchen darüber hinaus auf und wie lassen sie sich lösen?

Für Immobilien-Interessenten war es früher eine Herausforderung, eine Finanzierung zu bekommen. Banken haben sich in der Vergangenheit eher zurückhaltend gezeigt, den Erwerb von Erbbau-Immobilien zu finanzieren. Doch es fand glücklicherweise ein Umdenken statt: Dank zunehmender Verbreitung des Erbpacht-Modells hat sich das inzwischen geändert, sodass sogar große Direktbanken jetzt eine Finanzierung anbieten.

In welchen Fällen würden Sie sich eher nicht für das Erbbaurecht entscheiden?

Zentraler Anhaltspunkt ist in meinen Augen immer die festgesetzte Laufzeit des Erbbaurechts. Ist diese kürzer als auf 99 Jahre angelegt, sollte der Erwerb einer Neubau-Immobilie gut durchdacht sein.

Wie sehen Sie die Zukunft des Erbbaurechts, auch angesichts immer teurer werdender Grundstückspreise?

Wir sehen im Erbbaurechtsmodell große Zukunftschancen! Die Stadt Hamburg spricht sich inzwischen beispielsweise aktiv für die Vergabe von Erbbaurechten aus.  Der dortige Flughafen und die bekannte Hamburger Fischauktionshalle sind nur zwei prominente Beispiele für Erbbaurechte in der Hansestadt. Auch andere Großstädte, Mannheim und Frankfurt zum Beispiel, haben nachgezogen und vergeben nun ihre Grundstücke bevorzugt im Erbbaurecht. Und es werden sicherlich weitere folgen….  Gerade in Zeiten angespannter Märkte mitsamt steigenden Bodenpreisen wird dem Erbbaurecht eine immer bedeutendere Rolle zuteil – nicht nur als ernstzunehmende Alternative für Immobilien-Käufer, sondern ebenso als Vehikel für Kommunen, eine nachhaltige Bodenpolitik zu betreiben. Und weil wir davon überzeugt sind, dass sich das Erbbaurechtsmodell langfristig festigen wird, sind wir sehr positiv, was unsere kommenden Projekte auf Erbbaurechtsgrundstücken angeht!

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Projektdaten

  • Projektentwicklung: Epple GmbH
  • Nutzer: privat
  • Grundsteinlegung: Juni 2016
  • Fertigstellung: November 2017
  • Grundstück: ca. 799 m²
  • Wohnfläche: ca. 920 m²
  • Produktgruppe: Eigentumswohnungen mit Tiefgarage
  • Architektur: ELEMENT A Architekten, Heidelberg und München
Standort: Mönchhofstraße 6, 69120 Heidelberg

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