Wie entwickelt sich der Finanzierungsmarkt 2021?

Projektentwicklung nach Plan und mit attraktiven Renditen ist schwieriger geworden. Rezession, Corona-Krise und eine zunehmende Marktregulierung erschweren die Arbeit. Andererseits wachsen die Chancen bei alternativen Finanzierungsformen.
Computertaste "Loan" - Symbolbild
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Unterschiedliche Finanzierungformen für Projekte

„Die Banken ziehen sich zurück“, bemerkt Jan Bewarder, Vorstand der REM CAPITAL AG, die Projektentwickler bei Finanzierungsvorhaben begleitet. Grund dafür sei, dass die Banken in der unsicheren Gesamtlage der Corona-Krise deutlich höhere Anforderungen an die Finanzierung knüpfen als zuvor. Entwickler müssen mehr Eigenkapital einbringen, was häufig entweder durch Joint Ventures oder durch die Integration alternativer Kapitalgeber wie Mezzanine-Finanzierungen und Debt-Fonds geschieht. „Die kleineren Projektentwickler haben es schwerer, weil ihnen alternative Finanzierungformen oft verschlossen bleiben“, erläutert Bewarder. „Ihre Gesamtinvestition liegt meist unter 5 Millionen Euro. Das ist für die meisten großen Kapitalgeber nicht interessant, weil der Due Diligence-Aufwand gleichbleibt, ob eine Finanzierung nun 10 oder 100 Millionen Euro erfordert.“ Bestimmte Segmente würden zudem fast gar nicht mehr finanziert. So sei etwa ein neues Büroprojekt kaum ohne Vorvermietung realisierbar und der LTV teils auf 50-65 % gesunken. Eduardo Martinez, Geschäftsführer von Mercado Estate und Immobilienberater im Bereich Akquisition, Networks und Vertrieb, stellt fest, dass mancher mittelständische Investor handlungsunfähig geworden ist, weil der Wertverlust seiner gewerblichen Immobilienbestände oder Ankäufe enorm, teils auf 50 % gefallen sei. „Viele Entwickler gehen jetzt dazu über, die Projekte nicht mehr selbst umzusetzen, sondern das Development als Komplettleistung zu verkaufen – das heißt, alle Leistungen bis kurz vor dem Baustart sind fertiggestellt. Die Sicherheiten, die Banken verlangen, können sie nicht liefern“, so Martinez.

Zunehmend kooperative Finanzierungsformen

Das Co-Investment mit alternativen Geldgebern bietet nun zunehmend Chancen, ein Projekt dennoch selbst zu realisieren. Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG weist darauf hin, dass sich inzwischen auch operative Finanz-Co-Investoren wie Volksbanken und Sparkassen „hart“ an einer Projektentwicklung beteiligen, um von den – gegenüber Zinseinnahmen – vergleichsweise höheren Erträgen zu profitieren. Dennoch werden weiterhin klassische Finanzierungen gewährt. Das berichtet Jörg Widhalm, Generalbevollmächtigter der Berliner Volksbank, zuständig für Projekt- und Immobilienfinanzierung. Die kleineren Entwickler holten sich oft einen privaten Kapitalgeber hinzu. Aus den Bereichen Einzelhandel und Hotel habe sich die Bank allerdings derzeit vollständig zurückgezogen. Für das Szenario der Zinserhöhung empfiehlt und erwartet Widhalm, dass der Entwickler zusätzlich eine Liquidität vorhält, die eine Zinssatz-Erhöhung von mindestens 1,5 % verträgt. Michael Wenzel, Leiter gewerbliche Immobilienfinanzierung bei der PSD Bank Berlin-Brandenburg beobachtet, dass mittelständische Entwickler häufig als Reserve mit eigenen Beständen und Nachbeleihungen arbeiten, um Eigenkapital und Liquidität vorzuhalten. Das funktioniere auch unter verschärften Finanzierungsbedingungen. Wenzel rät Projektentwicklern deshalb zu einem sukzessiven Aufbau eigener Bestände.

Für junge Unternehmen oder Startups ist eine Finanzierung derzeit besonders schwierig. Jan Bewarder (REM CAPITAL) sieht ihre Chancen fast gegen Null tendieren, wenn sie nicht auf Crowdfunding setzen. Hierfür gebe es mittlerweile aber viele professionelle Anbieter. Andere Finanzierer verlangten von Newcomern einen außergewöhnlichen Track-Record, realistische Kalkulationen sowie ein herausragendes Projekt.

Joint Venture – im Einzelfall betrachten

Die meisten Co-Investments wie die Mezzanine-Beteiligung beinhalten nur ein bedingt geteiltes Risiko. Ein klassisches Joint Venture kann vergleichsweise mehr Sicherheit bieten und für größeren finanziellen Spielraum sorgen. Entscheidend für ein erfolgreiches Co-Investment als Joint Venture ist die Vertragsgestaltung. Denn wenn die Konstellation menschlich schwierig wird, kann das Projekt dennoch leicht scheitern. Rechtsanwalt Dr. Alexander Hartmann von der Kanzlei Friedrich Graf von Westphalen & Partner empfiehlt, die möglichen Szenarien dezidiert zu durchdenken: „Ultimativ muss man sich fragen, was passiert, wenn man sich gar nicht einigen kann. Wer führt das Projekt fort und zu welchen Bedingungen scheidet der Partner aus? Wichtig ist auch, die Kompetenzen und Aufgabenverteilung klar zu bestimmen. Es kommt immer wieder vor, dass das Mitspracherecht eines nicht fachversierten Partners zu großen Problemen führt.“ Fedele fasst es so zusammen: „Wenn man das Risiko von einer auf mehrere Schultern verteilt, ist das für jeden einzelnen besser überschaubar. Aber auch hier: Das unternehmerische Wagnis bleibt.“

Politische Regulierungen sind größtes Projektrisiko

In einer Sache sind sich die Finanzexperten einig: Das größte Risiko geht von den politischen Eingriffen in die Märkte aus. Regularien wie der Mietendeckel in Berlin, Sozialquoten, unklares oder kompliziertes Baurecht sowie verspätete Baugenehmigungen seien das eigentliche Sicherheitsrisiko für die Projekte. Berlin erscheint als Trendsetter dieser Entwicklung. „In Berlin braucht eine Baugenehmigung oft 5-7 Jahre. Politische und ökonomische Veränderungen können entsprechend immer schwerer eingeschätzt werden. Dadurch fehlt es allen Beteiligten an Plan- und Berechenbarkeit“, beschreibt Michael Wenzel (PSD-Bank) die Situation am Standort Hauptstadt. „Neben den Materialpreisen sind bekanntlich auch die Grundstückspreise massiv gestiegen“, ergänzt Bewarder. Viele Projekte kämen dadurch unter Druck, auch Wohnprojekte in Ballungsgebieten. Trotzdem hält er fest: „Es gibt genug Projekte und Möglichkeiten, mit und ohne Corona.“ Entwickler müssten umdenken und die C- und D-Städte stärker in den Blick nehmen – oder funktionierende Nischenmärkte wie beispielsweise Mikro- oder Serviced Apartments.

Trend geht zu nachrangigen Darlehen und neuen Finanzierungsformen

Auch die lockere Geldpolitik der EU hat den Finanzierungsmarkt in den letzten Jahren verändert. Niedrige Zinsen haben viel Liquidität am Markt geschaffen, sodass immer mehr Investitionsangebote neben denen der Banken entstanden. Gleichzeitig verschärften sich die Investitionsbedingungen, etwa über Erhöhungen der Eigenkapitalquote, Dokumentationspflichten usf. In der aktuellen, „allgemeinen Regulierungswelle“, verstärkt durch die Corona-Krise, prognostiziert Jan Bewarder, dass sich die Banken bei der Kreditvergabe noch weiter als bisher regulieren müssen. Im Ergebnis bedeute dies die Abkehr vom Trend der Senior Loans: „Wenn die Banken hoch reguliert sind und der LTV sinkt, eröffnen sich große Chancen auf dem alternativen Finanzierungsmarkt. Vorteil der alternativen Kapitalgeber ist, dass sie wie kleine Schnellboote agieren können und viele Wochen Wartezeit bis zur Kredit-Zusage eingespart werden“, stellt Bewarder heraus. Insofern tendierten auch viele größere Entwickler zu alternativen Finanzierungsformen und nachrangigen Darlehen. Zwar schnell und unbürokratisch zu erringen, sind diese Finanzierungen jedoch oft deutlich teurer als die Bankenfinanzierung – mit beispielsweise 8-10 % beim Mezzanine-Kapital. So wird derzeit zunehmend auch mit neuen Beschaffungsmethoden experimentiert, um eine günstige Finanzierung aus eigener Kraft zu erzielen, von der Kapitalfreisetzung im Unternehmen bis zum Anleiheverkauf.

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