Die EnEV effi­zi­en­ter machen

Will man die Bau­kos­ten für Neu­bau­woh­nun­gen sen­ken, gehö­ren im Zuge des neu­en Gebäu­de­en­er­gie­ge­set­zes auch die ener­ge­ti­schen Vor­ga­ben bei der Bau­wei­se auf den Prüf­stand, meint Knud Wil­den, Pro­jekt­ent­wick­ler und Geschäfts­füh­rer der W&N Immo­bi­li­en-Grup­pe.
Knud Wil­den
©W&N Immo­bi­li­en-Grup­pe
Knud Wil­den, Pro­jekt­ent­wick­ler und Geschäfts­füh­rer der W&N Immo­bi­li­en-Grup­pe

2012, 2015 und 2016 ist die Ener­gie­ein­spar­ver­ord­nung (EnEV) jeweils ver­schärft wor­den. Neben den stei­gen­den Grund­stücks­prei­sen, Löh­nen, Mate­ri­al­kos­ten etc. hat­ten unse­rer Erfah­rung nach die­se Ver­schär­fun­gen einen gro­ßen Anteil dar­an, dass sich das Bau­en seit­dem um ca. 25 % ver­teu­ert hat. Das gilt spe­zi­ell bei der Rea­li­sie­rung von KfW-70- oder KfW-55-Häu­sern.

Gera­de im Neu­bau­be­reich, der nur 1 % der Wohn­ge­bäu­de in Deutsch­land stellt, wer­den inzwi­schen mit hohem Auf­wand mini­ma­le Ergeb­nis­se erzielt. Ver­bes­se­run­gen von 0,02 % beim CO2-Aus­stoß müs­sen mit Mehr­kos­ten von 8 % erkauft wer­den. Nun sol­len die Auf­la­gen für die Ener­gie­ef­fi­zi­enz von Immo­bi­li­en wei­ter ver­schärft wer­den. Inso­fern lohnt es sich, das Kos­ten-Nut­zen-Ver­hält­nis beim The­ma Nach­hal­tig­keit genau­er zu betrach­ten. Zum Bei­spiel for­dert die EnEV fast zu 100 % abge­dich­te­te Woh­nun­gen. Bei der DIN 1946 Teil 6, Wohn­raum­lüf­tung, soll hin­ge­gen eine hygie­ni­sche Belüf­tung der Räu­me gewähr­leis­tet sein, d. h. ein Kom­plett­aus­tausch der Raum­luft alle zwei Stun­den, um Schim­mel­pil­ze zu ver­hin­dern. Ein gro­ßer Teil der gespar­ten Heiz­ener­gie geht somit wie­der ver­lo­ren. Zudem muss ein eige­nes Belüf­tungs­kon­zept ent­wi­ckelt und teils bau­lich auf­wen­dig und kos­ten­in­ten­siv umge­setzt wer­den, z. B. bei den Außen­wand­durch­läs­sen. Des­halb soll­ten zunächst die bei­den Vor­ga­ben­kom­ple­xe DIN und EnEV, aber auch das Erneu­er­ba­re-Ener­gien-Wär­me­ge­setz (EEWär­meG) von staat­li­cher Sei­te noch­mals wis­sen­schaft­lich unter­sucht und in ihrem Zusam­men­wir­ken opti­miert wer­den.

Dar­über hin­aus könn­te man einen Min­dest­stan­dard für ener­ge­ti­sches Bau­en auf­stel­len und defi­nie­ren, wann der Kos­ten-Nut­zen-Fak­tor opti­mal ist. Beim Miet­woh­nungs­bau könn­ten etwa die ener­ge­ti­schen Ziel­vor­ga­ben in der EnEV ent­spre­chend ange­passt wer­den. Dies soll­te in Stu­fen, je nach geplan­ten oder vor­ge­ge­be­nen Miet­preis­be­gren­zun­gen mög­lich sein und durch den Bau­herrn ent­schie­den wer­den kön­nen. Sehr preis­wer­te Miet­woh­nun­gen soll­te man mit einem ener­ge­tisch effek­ti­ven, aber nied­ri­ge­ren Stan­dard rea­li­sie­ren kön­nen. Wie beim „Ener­gie­mix“ aus klas­si­schen und erneu­er­ba­ren wäre eine Art „Effi­zi­enz­mix“ denk­bar, der bedarfs­ge­recht für die jewei­li­ge Gebäu­de­art kal­ku­liert wird. So könn­ten im Sozi­al- oder Mit­tel­schichts­woh­nungs­bau wie­der deut­lich güns­ti­ge­re Miet- oder Kauf­prei­se erzielt wer­den. Bei ande­ren Bau­ten oder Luxus­im­mo­bi­li­en könn­ten höhe­re Stan­dards grei­fen. Das neue Gebäu­de­en­er­gie­ge­setz wäre eine Chan­ce, die Effi­zi­enz­richt­li­ni­en so zu fle­xi­bi­li­sie­ren.

Der Autor ist Pro­jekt­ent­wick­ler und Geschäfts­füh­rer der W&N Immo­bi­li­en-Grup­pe.

Zuerst erschie­nen in Immo­bi­li­en Zei­tung, 2019