Herr Jeschioro, wie sehen Sie die Lage der Immobilienwirtschaft Anfang 2025?
Wir befinden uns an einem Wendepunkt für die Preisanpassung bei Immobilien in A-Lagen. Dies gilt sowohl für die Nutzungsarten Wohnen als auch für Logistik und Büro. Allerdings ist nicht von einer kurzfristigen Preisumkehr auszugehen, sondern vielmehr von einer Belebung des Transaktionsgeschehens. Die Nachfrage dafür ist generell vorhanden. Zudem gehen wir von weiter steigenden Spitzenmieten in allen großen Bürostandorten sowie generell steigendem Mietpreisdruck für Wohnimmobilien aus.
Wie sehen ausländische Investoren den deutschen Markt?
Für sie ist der deutsche Markt aktuell sehr interessant und wird vielfach als unterbewertet angesehen. Aufgrund der geringeren Aktivität der deutschen Investoren sehen die internationalen Fonds und Versicherungen eine hervorragende Möglichkeit, um sich zu platzieren.
Welche Entwicklung der verschiedenen Assets in Deutschland erwarten Sie, vor allem bei den Büroimmobilien?
Auf den Bürovermietungsmärkten der fünf wichtigsten deutschen Standorte sehen wir 2024 mit plus vier Prozent auf 2,14 Millionen Quadratmeter einen leichten Anstieg. Trotzdem ist die Entwicklung uneinheitlich. In München wurde bei einem Anstieg um knapp 30 Prozent das höchste Umsatzvolumen registriert – das einzige oberhalb der 600.000-Quadratmeter-Marke. Den Markt in den Top 5 prägen derzeit steigende Spitzenmieten und Leerstände. In den vergangenen sechs Jahren lagen die Fertigstellungen von Büroimmobilien in den Top-5-Märkten jeweils über der 1-Million-Quadratmeter-Marke und auch 2024 bei 1,2 Millionen. 2025 werden voraussichtlich 1,4 Millionen Quadratmeter hinzukommen.
Die Nachfrage nach Büroflächen scheint also insgesamt rückläufig.
Ja und nein, bis Jahresende ist zu erwarten, dass die Leerstandsquote auf rund 8,8 Prozent ansteigt. Es gibt weiterhin einen klaren Trend bei Büromietern hin zur Flächenreduzierung, bei gleichzeitiger Steigerung der Gebäude- und Lagequalität. Dadurch entsteht eine hohe Nachfrage im Spitzensegment, die sich auch unmittelbar in den Mietpreisen widerspiegelt. Darüber hinaus schieben einige Nutzer ihre Umzugsentscheidung weiter auf, etwa weil sie ihre Räume eher verkleinern wollen, weil Flächen in den erwarteten Fertigstellungen unvermietet bleiben oder weil sie unter der schwachen Konjunkturlage leiden.
Wie zeigt sich der europäische Büromarkt im Vergleich?
Mehr als die Hälfte der von uns untersuchten europäischen Büromärkte – darunter London, Brüssel, Madrid und Barcelona – verzeichneten 2024 eine robuste Nachfrage und stabile Flächenbelegungswerte. Qualität und erstklassige Standorte werden bevorzugt und sind Treiber für diese Märkte. Gleichzeitig geht in Europa die Bautätigkeit langsam zurück. Derzeit zählen die deutschen Top-Standorte Berlin und München noch zu den europäischen Märkten mit dem höchsten Bauvolumen.
Wie entwickeln sich in Deutschland die Assetklassen Industrie und Logistik?
Wie schon im Jahr 2023 waren Logistik- und Industrieimmobilien am meisten gefragt und vereinten mit gut 6 Milliarden Euro rund 27 Prozent des gewerblichen Transaktionsvolumens, gefolgt von Büroimmobilien mit 23 Prozent. Hauptausschlaggebend für dieses Ergebnis sind zahlreiche Transaktionen oberhalb der 100-Millionen-Euro-Marke. Knapp 40 Prozent aller Großverkäufe gehen auf das Konto von Logistik- und Industrieimmobilien. Großvolumige Portfoliotransaktionen waren hier besonders stark vertreten. Logistikimmobilien sind besonders durch E-Commerce weiterhin stark nachgefragt und auch als Single-Tenant-Objekte attraktiv. Insofern bleiben Logistikimmobilien für Investoren interessant. Dieser Trend wird sicher längerfristig anhalten.
Welche Rolle spielten die Spezial- und Einzelhandelsimmobilien?
Sehr unterschiedlich. Mit rund 4,14 Milliarden Euro Transaktionsvolumen und damit einem Anteil von 18 Prozent verbuchten Einzelhandelsimmobilien im Jahr 2024 ein Umsatzminus von knapp 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Bei Hotelimmobilien dagegen summierten sich die Umsätze auf rund 1,30 Milliarden Euro und übertrafen das Vorjahresergebnis um 10 Prozent. Auf ähnlichem Niveau beendete der Bereich Gesundheitsimmobilien das Jahr mit einem Anstieg von 28 Prozent – und liegt damit deutlich höher als im Vorjahresvergleich.
Was bedeuten diese Entwicklungen für neue Projekte und die Projektentwicklung?
Es wird aufgrund der vorhandenen Nachfrage auch wieder mehr Bautätigkeit geben, aber, wie man gesehen hat, nicht in allen Assetklassen. Angesichts der restriktiven Finanzierungsbedingungen und unsicheren Veräußerungen insgesamt wird aber das Projektvolumen in der Zukunft deutlich abnehmen. Gerade im Bereich Wohnimmobilien lassen sich viele Projekte unter den aktuellen Rahmenbedingungen nur schwer wirtschaftlich sinnvoll umsetzen. In diesem Segment sind aufgrund des geringen Angebots und der hohen Nachfrage am ehesten wieder Forward-Transaktionen möglich.
Welche Chancen ergeben sich derzeit für den Investitionsmarkt?
Der deutsche Immobilien-Investmentmarkt eröffnet Investoren durch die aktuelle Unterbewertung aller Assets attraktive Chancen. Mit Blick auf 2025 werden sinkende Finanzierungskosten und das Potenzial für Mietwachstum den Markt zusätzlich stärken und langfristige Wertsteigerungen ermöglichen. Dies wird sich nach und nach auswirken.
War 2024 nicht bereits ein Plus zu verzeichnen?
2024 wurde beim Transaktionsvolumen, wenn man die Wohninvestments herausnimmt, ein Plus von acht Prozent auf 22,4 Milliarden Euro bilanziert. Maßgeblich dafür waren zahlreiche Großtransaktionen, die allerdings in den meisten Fällen auf Insolvenzen, Eigennutzer-Ankäufen oder Share-Deals basierten – oder auf Abschlüssen eigenkapitalstarker Family Offices.
Wie wird der Investmentmarkt 2025 konkret aussehen?
Wenn sich die Marktbedingungen weiter stabilisieren, werden 2025 auch wieder vermehrt renditeorientierte institutionelle Investoren zum Zuge kommen und den Investorenwettbewerb ankurbeln. Wir gehen davon aus, dass sich die Volatilität der Märkte abschwächt, und rechnen in der Folge mit einem allmählichen Rückgang der Spitzenrenditen. Das signalisiert positive Aussichten für Kapitalwachstum sowie Gesamtrenditen und vielversprechende strategische Anlageoptionen.