Das Handelsvolumen bei Wohnimmobilien ab 50 Einheiten lag im ersten Quartal 2024 laut einem Bericht der Immobilienberatung Savills bei rund 755 Millionen Euro. Das sind 60 Prozent weniger als im Quartalsdurchschnitt des Vorgängerjahres. Der Kauf von Eigentumswohnungen kam nahezu vollständig zum Erliegen. Gleichzeitig ging die Zahl der Baugenehmigungen im Neubau zurück und fiel gemäß Statistischem Bundesamt im Januar 2024 noch weiter ab als schon 2023: auf -42,7 Prozent bei Einfamilienhäusern, auf -19,6 Prozent bei Zweifamilienhäusern und um -20,0 Prozent bei Mehrfamilienhäusern. Insgesamt wurden Anfang 2024 etwa 23,5 Prozent weniger Baugenehmigungen erteilt als im Vergleichszeitraum 2023.
Grund dafür ist, dass sich Projektentwickler wegen der unsicheren wirtschaftlichen Lage mit neuen Bauvorhaben zurückhalten. Das benötigte Eigenkapital und die Finanzierungskosten sind zu hoch. Zudem finden sich kaum Investoren für einen Forward-Deal (Kaufvertrag vor Baubeginn). Der Entwickler muss deshalb mit deutlich längeren Haltezeiten für die Projektimmobilie rechnen, bevor er sie verkaufen kann, als noch vor wenigen Jahren.
Steigende Mieten, sinkende Kaufpreise
Parallel dazu stiegen die Mieten stetig an. Bei ausschließlich neuen Mietverträgen (Angebotsmieten) zeigt der IW-Wohnindex für 2023 eine Steigerung von 8,7 Prozent innerhalb von nur zwei Jahren. Besonders in den Großstädten entwickelten sich 2023 Mietpreiserhöhungen von bis zu 9,2 Prozent. Zusätzlich verloren Wohnimmobilien 2023 an Wert. Der Verlust des Kapitalwerts bei Mehrfamilienhäusern belief sich gemäß vdp-Index innerhalb von 1,5 Jahren, zwischen dem zweiten Quartal 2022 und dem vierten Quartal 2023 auf -10 Prozent. Für Eigentumswohnungen wurden 2023 laut IW-Wohnindex ca. 2,7 Prozent weniger bezahlt als im Vorjahr. Seit Ende 2023 sind hier allerdings teilweise leichte Preisanstiege von bis zu 0,8 Prozent zu verzeichnen. Wenngleich einige Analysten nun davon ausgehen, dass ab Mitte 2024 wieder mehr Dynamik beim An- und Verkauf von Wohnimmobilien entsteht, bleiben die Marktbedingungen vorerst wenig attraktiv, weder für Mieter noch für Käufer, Projektentwickler oder Investoren. Die Investition ist für die meisten zu riskant oder zu teuer geworden.
2024 mit besserem Investitionsklima?
Die Faktoren, die den Status quo des Wohnimmobilienmarktes bestimmen, sind vielfältig. Entscheidende Auslöser für die Entwicklungen waren seit Mitte 2022 die kurzen Intervalle der starken Zinsanhebungen des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank. Diese sollten die hohe Inflation dämpfen und zeigen nun Wirkung. Laut Statistischem Bundesamt ist die Inflationsrate im März 2024 mit +2,2 Prozent auf dem niedrigsten Wert seit Mai 2021. Auch Bauzinsen sind wieder gesunken: Im April 24 lag der Zinssatz bei einer durchschnittlichen Sollzinsbindung von 10 Jahren bei 3,55, bei 15-jähriger Bindung bei 3,64 Prozent (Statista). Die Stabilisierung ist bedingt durch den seit Dezember 2023 nicht mehr veränderten Leitzins, der nun bereits seit mehreren Monaten bei 4,5 Prozent steht. Experten erwarten, dass die EZB aufgrund der Marktberuhigung und der gleichzeitig stagnierenden Wirtschaft noch 2024 eine Zinssenkung beschließen könnte. Dies dürfte das Investitionsklima verbessern.
Allerdings beeinflussen noch andere Faktoren das Marktgeschehen, besonders bei Projektentwicklungen im Neubau. Das sind zum einen die inflationsbedingten Preissteigerungen bei Bauprodukten, Lohnkosten und Dienstleistungen. Jede Tarifrunde im Baugewerbe wirkt sich auf den Lohn und damit auf die Materialpreise aus. Die Baukosten steigen weiter an und treiben so die Preise für die Erstellung und den Kauf von Wohnimmobilien in die Höhe. Ein Projektentwickler muss diese Kostensteigerungen frühzeitig in der Kalkulation berücksichtigen. Bei Genehmigungsverfahren, die oft mehrere Monate, dauern, sind diese Berechnungen aber derzeit schnell obsolet. Ähnliches gilt für die zunehmenden Markteingriffe durch politische und gesetzliche Vorgaben, die sich kaum noch in die Projektplanung integrieren lassen. Über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist zum Beispiel der Einbau von Wärmepumpen und die Nutzung nachhaltiger Primärenergieträger wie Sonne oder Erdwärme vorgeschrieben. Die fachliche Entscheidung, was am Standort für das jeweilige Projekt funktional und wirtschaftlich am besten ist, kann so nicht mehr getroffen werden.
Fördermittel mit Risiko
Die vom Staat gewährten Fördermittel, die den hohen Kostenaufwand der Auflagen kompensieren sollen, lassen sich ebenfalls kaum verlässlich einplanen. Oft werden die Förderungen nach wenigen Monaten gestoppt und zu einem späteren, meist ungewissen Zeitpunkt wieder angeboten. All dies erhöht nicht nur den bürokratischen Aufwand, sondern erfordert auch die Neujustierung der Projekte. Im November 2023 hat die KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) einen vorläufigen Antrags- und Zusagestopp für vier Programme für Wohnen und Bauen verhängt und damit die Konsequenz aus der Haushaltssperre der Bundesregierung gezogen. Sie liefen zwar später im Februar 2024 wieder an, doch dieses wiederholte Vorgehen vergrößert erneut die allgemeine Verunsicherung der Marktteilnehmer, anstatt ein investitionsfreundliches Klima zu schaffen. Bezahlbares Wohnen für die Breite der Gesellschaft lässt sich mit solchen Rahmenbedingungen schwerlich realisieren.
Fazit
Die Einführung der degressiven Abschreibung (AfA) für den Wohnungsbau gemäß Wachstumschancengesetz im März 2024 ist ein guter Anreiz für Investoren und Bestandshalter, es bedarf jedoch noch weiterer Impulse.
So wird derzeit diskutiert, die Umsatzsteuer im Wohnungsbau temporär zu reduzieren. Ein Ansatz, der ebenfalls in die richtige Richtung geht. Eine beträchtliche Absenkung der Umsatzsteuer wäre sehr wirksam, um das Gleichgewicht zwischen Baustoffkosten und den Herstellungskosten der Gebäude wiederherzustellen. Darüber hinaus braucht es ein wirtschaftliches Gesamtkonzept, das tragfähige Investitionen verlässlich und langfristig ermöglicht, anstelle von wechselnden Einzelmaßnahmen, kurzfristigen Fördereffekten und Regulierung der Bautätigkeit bis in Detail.