Herr Augsdörfer, welche besondere technische Herausforderung stellte das Projekt an Sie und Ihre Partner?
Die vorgegebene kurze Bauzeit. Die Messehalle mit sehr hohen technischen Anforderungen war innerhalb von nur zwei Jahren fertigzustellen. In diesem ohnehin knappen Zeitrahmen musste auch die vollständige Ausführungsplanung gemäß HOAI Lph. 5 von der ARGE Bögl-Züblin-Engie erstellt sowie gewerke-übergreifend koordiniert und mit dem Bauherrn und dessen Bauüberwachung abgestimmt werden. Die Pläne haben wir zugunsten einer zügigen und sicheren Bearbeitung in eine 3D-Planung übertragen. So konnten wir die komplexen Gebäudegeometrien und räumlichen Tragwerke visualisieren und wesentlich effizienter umsetzen als mit den vorliegenden 2D-Plänen.
Wodurch haben Sie am meisten Zeit eingespart?
Drei Dinge: durch die überwiegende Arbeit mit Fertigbauteilen, durch Gründung einer ARGE und eine sehr klare Teamorganisation – bei einem riesigen Führungsteam, unter dem bis zu 800 Bauleute gleichzeitig gearbeitet haben, war das besonders wichtig. Die ARGE hat hohe Kapazitäten sichergestellt und zudem die TGA über die Spezialisten von Engie verlässlich abgedeckt. Für den Bauherrn war die Gebäudetechnik ein entscheidendes Thema: zum einen, weil es zu gravierenden Problemen kommt, wenn im Betrieb die Haustechnik der Messehalle nicht ordentlich funktioniert – schließlich kann später nicht mehr viel geändert werden. Zum anderen sind Technikbedarf und Genehmigungsanforderungen bei einer Messehalle generell so hoch, dass es umso wichtiger ist, den Leistungs- und Kostenanteil der TGA – bekanntlich ca. 30 bis 40 % der gesamten Bausumme – sehr gut abzusichern.
Wie hat sich die Arbeit mit Fertigteilen ausgewirkt und worauf ist dabei zu achten?
Der Einsatz von Fertigteilen beschleunigt den Bauprozess, weil die einzelnen Elemente bereits im Werk vorproduziert und bedarfsgerecht geliefert werden. 15 Tage vor dem gewünschten Liefertermin wird der Hersteller informiert, damit er mit den entsprechenden Bauteilen in die Produktion gehen und auf den Punkt liefern kann. Bei unserem Projekt wurden alleine für die Hallenzwischendecke jede Woche etwa 1.500 m2 Decken hergestellt und verlegt. Anders als bei Ortbetonlösungen hat man dabei keine Schalungs- und Aushärtezeiten zu beachten oder aufwendige Bewehrungsarbeiten zu leisten. Hinzu kommt, dass die Oberflächen oberflächenfertig sind und somit eine hohe Qualität aufweisen. Zu beachten ist bei Fertigteilen allerdings, dass der Lieferung eine sehr genaue Planung und Baustellenlogistik vorausgehen muss, damit ein reibungsloser Einbau gewährleistet ist. Das nimmt zwar einige Zeit der Vorbereitung in Anspruch, dafür läuft später aber alles „wie am Schnürchen“.
Was war für Sie das Besondere an diesem Projekt?
Die sehr enge und effektive Zusammenarbeit in der Arbeitsgemeinschaft Bögl-Züblin-Engie. Die gesamte Bauleitung mit bis zu 60 Personen in der Bau- und Projektleitung hat über die zwei Jahre Bauzeit sehr harmonisch zusammengearbeitet. Um zügige und verlässliche Arbeitsabläufe zu gewährleisten, haben wir das Team in vier zentrale Fachbereiche mit Teilprojekten untergliedert: Rohbau, Dach und Fassade, TGA sowie Innenausbau.
Gab es ein Problem, das alle betroffen hat?
Ja, die großen Abmessungen aller Bauteile und die Montagehöhen waren für alle Beteiligten eine besondere Herausforderung. So mussten etwa Stahlbeton-Fertigteile mit enormen Abmessungen und bis zu 110 t. Einzelgewicht hergestellt, mit Sondertransporten zur Baustelle geliefert und dann mit mehreren Schwerlastkränen montiert werden. Auch räumliche Tragwerke aus Stahl- und Leimholzbauteilen sind in Höhen von bis zu 30 m montiert worden, ein Vorgang, der noch dazu höchste Genauigkeit erfordert. So auch die Fassaden: Die komplette Stahl-Glas-Fassade, die zum Teil am Dachtragwerk aufgehängt ist sowie die Blechfassade – ausgestattet mit aufwändigen Aluminium-Rautenverkleidungen – konnten nur mit Einsatz von Montagekränen und einer hohen Anzahl verschiedenster Montagebühnen realisiert werden. Auch im Gebäude erfolgten sämtliche Montagen in Geschoßhöhen von 6 – 14 m. Dies war fast überall nur mittels Hubsteigereinsatz möglich und kostete daher umso mehr Zeit und Personaleinsatz.
Welches Fazit ziehen Sie aus diesem Projekt?
Dass komplexe Großbauvorhaben wie dieses weitestgehend im Vorfeld der Bauausführung „stehen“ müssen, also schon in der Ausführungsplanung fest definiert sein sollten. Sonst lassen sich die vielfältigen Anforderungen nicht zeit- und kostengerecht umsetzen, etwa höchste Ausrüstungsstandards zugunsten modernster Gebäudetechnik oder die strengen Vorgaben für Versammlungsstätten. Insbesondere benötigt die notwendige 3D-Planung einen ausreichend zeitlichen Vorlauf zum Baubeginn. Am besten, wir erhalten vom Architekten oder Planer die fertigen Entwurfspläne gleich in 3D, damit wir diese nur anpassen und in unsere Ablaufplanung integrieren können – anstatt alles digital neu aufzusetzen. Dann können wir direkt durchstarten und dabei noch kosteneffizienter sein.
Gibt es aus Ihrer Perspektive etwas, das Sie als Tipp weitergeben möchten?
Die interne Kommunikation bei einem Großprojekt mit sehr vielen Beteiligten ist immer eine Herausforderung. Besonders wichtig ist deshalb eine frühzeitige und umfassende Abstimmung der verschiedensten Prozesse. Dazu braucht es neben einer sinnvollen Teambildung und Organisationsstruktur nach meiner Erfahrung einen wirklich arbeitstäglichen Dialog und Informationsaustausch.