Pflegeimmobilien: Chancen & Hürden für Investments

Matti Schenk (Savills Research) gibt eine Einschätzung, wie sich der wachsende Markt für Pflegeimmobilien entwickelt und was dies angesichts der aktuellen ökonomischen Hemmnisse wie nachlassender Liquidität der Investoren, steigender Bau- und Betriebskosten sowie Maximal-Anforderungen bei Nachhaltigkeit und ESG bedeutet.
Matti Schenk
© Saville Research

Kommentar von Matti Schenk (Associate Research, Savills )

Der Investmentmarkt für Pflegeimmobilien ist in den letzten Jahren deutlich dynamischer geworden. Immer mehr Investoren und eine größere Menge an Anlagekapital stehen jedoch einer unterdurchschnittlichen Liquidität und damit einem Mangel an verfügbaren Produkten gegenüber. Kritisch zu sehen ist insbesondere, dass viele Objekte aufgrund der Objektqualität und einer perspektivischen Nichteinhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen de facto nicht für die institutionelle Anlage zur Verfügung stehen. So entsteht trotz der großen Anzahl an potenziellen Anlageimmobilien Produktknappheit am Markt.

Mehr Regulierung, mehr Verkäufe, steigender Investitionsbedarf

In den nächsten Jahren könnte sich die Produktverfügbarkeit jedoch verbessern. Dazu trägt allerdings auch ein zunehmender wirtschaftlicher Druck auf Betreiber und Eigentümer bei. Grundsätzlich dürfte der Modernisierungsdruck auf Bestandsbauten in den nächsten Jahren steigen. Denn nur durch eine höhere Sanierungsquote im Bestand lassen sich die deutschen Klimaziele im Gebäudesektor erreichen. Die Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Eigentümer und Nutzer, abhängig vom Gebäudestandard, dürfte nur der erste Schritt einer stärkeren Regulierung sein. Hinzu kommen wahrscheinlich noch höhere Einzelzimmerquoten in manchen Bundesländern. Um all diesen Anforderungen gerecht zu werden, wird für Bestandsbauten viel Kapital benötigt. Manche Bestandshalter verfügen nicht über die notwendigen Mittel oder sind nicht willens, diese Investitionen zu tätigen, sodass ein Verkauf an entsprechende Immobilieninvestoren eine Option sein dürfte. Darüber hinaus werden in Deutschland deutlich mehr Pflegeimmobilien benötigt, um dem wachsenden Pflegebedarf gerecht zu werden. Auch im Neubausegment wird also in den nächsten Jahren viel Kapital benötigt. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass diese Mammutaufgaben ohne private Investoren nicht zu bewältigen sind. Der hohe Investitionsbedarf dürfte somit zu Anlageopportunitäten und einem größeren Angebot für Investoren führen. Insgesamt spricht somit vieles für ein langfristiges strukturelles Wachstum des Investmentmarktes für Pflegeimmobilien. Dass der Großteil des Marktvolumens in wachsenden Regionen zu finden ist, wird den Anlagepräferenzen vieler Investoren zupasskommen. Damit ein breites Spektrum institutioneller Investoren angesprochen werden kann, müssen allerdings zügig die aktuell noch vorhandenen Defizite beim Thema ESG und Nachhaltigkeit behoben werden.

Wachsende Märkte und erhöhte Risiken

Während der Investitionsbedarf insgesamt wächst, führen steigende Kosten zu höheren Risiken für Projektentwickler und Pflegeheimbetreiber. Die massiv gestiegenen Baukosten dürften die Neubautätigkeit reduzieren und damit der eigentlich absehbaren Angebotsausweitung zumindest zeitweise entgegenwirken. Zunehmende wirtschaftliche Schwierigkeiten auf Seiten der Pflegeheimbetreiber führen derweil dazu, dass sich das passende Angebot für risikoaverse Investoren weiter ausdünnt. Stattdessen bieten sich im aktuellen Marktumfeld vielfältige Chancen für Investoren mit höherer Risikobereitschaft. Für solche Investoren kann es sinnvoll sein, eigene Betreiberkompetenzen aufzubauen oder zu übernehmen oder langfristige Kooperation mit einem kosteneffizienten und bonitätsstarken Betreiber einzugehen. Im Gegensatz zu Pflegeheimen lassen sich die Mieten in Wohnanlagen des betreuten Wohnens deutlich einfacher an das Marktniveau anpassen. Für risikoaverse Investoren, die bei Pflegeheimen kaum passende Produkte finden, können sich Wohnanlagen des betreuten Wohnens lohnen.

Fazit

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten vieler Betreiber müssen angesichts eines immer höheren Pflegebedarfs Sorge bereiten. Über kurz oder lang muss die Politik unserer Meinung nach auf dieses Dilemma reagieren und zusätzliche Mittel für den Betrieb von Pflegeimmobilien bereitstellen. Dies könnte zusätzliches Kapital von Immobilieninvestoren anlocken und den Markt für neue Akteure attraktiv machen. Wann es zu solchen umfangreichen und sehr kostenintensiven Reformen kommt, bleibt abzuwarten.

Die Studie „Der Markt für Pflegeimmoiblien“ (Savills – 06/2022) können Sie hier einsehen.